Gründer und Redakteur i. R. Eric M. Jones
Redaktion und Edition Ken Glover
Übersetzung © Thomas Schwagmeier u. a.
Alle Rechte vorbehalten
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Nachdem alles getan und gesagt war, hatte der Zwischenfall bei Apollo 13 die nächste Mission nur 4 Monate verzögert. Apollo 14 startete am Abend des und viereinhalb Tage später landete Kommandant Alan Shepard mit seinem Piloten Ed Mitchell an der vorgesehenen Stelle nördlich des Kraters Fra Mauro. Sobald sich das LMLMLunar Module für den Landeanflug aufgerichtet hatte, lag Krater Cone unmittelbar vor ihnen. Sekunden später waren auch die vertrauten Formationen der kleineren Krater auszumachen. Sie boten Orientierung in unmittelbarer Umgebung der geplanten Landestelle 1 bis 2 Kilometer weiter westlich. Keine besonders flache Gegend, wie Shepard später berichtete, gab es dort fast nur Krater oder Abhänge. Trotzdem konnte er ein passendes Fleckchen ohne Krater für sein Landemodul finden, gerade groß genug und nur 30 Meter von ihrem Zielpunkt entfernt.
Lediglich einen Nachteil hatte der Platz. Sie standen auf einem leichten Abhang, etwa 8 Grad nach rechts geneigt. Für der nächsten hatten sie es im Raumschiff mit einem schiefen Fußboden zu tun und Shepard musste ständig aufpassen, nicht zu weit auf die Seite von Mitchell zu geraten. Der schräge Stand verursachte auch ein unangenehmes Gefühl während der Ruhezeit, sodass beide Astronauten zwischen den EVAsEVAExtravehicular Activity nur wenig Schlaf bekamen. Sonst hatte die Schieflage jedoch keine Auswirkungen auf die Mission. Niemand konnte bisher auf dem Mond gut schlafen, Shepard und Mitchell waren also keine Ausnahme.
Sie richteten das LMLMLunar Module für den Start ein, nahmen sich die Zeit, etwas zu essen, und beschrieben ausführlich, was aus den Fenstern von der Umgebung zu sehen war. Nur knapp nach der Landung begannen beide, ihre tragbaren Lebenserhaltungssysteme anzulegen. Wie Shepard es ausdrückte, sie machten sich fertig, um draußen im Schnee zu spielen.
Das Bild passte. Die weichen, runden Formen der Krater draußen erinnerten stark an schneebedeckte Landschaften. Auch wenn die Farbe nicht ganz stimmte – abhängig vom Blickwinkel zur Sonne war es ein Mausbraun oder Mausgrau
– zusammen mit dem schwarzen Himmel auf dem Mond erschien jedoch alles wie eine verschneite Winternacht auf der Erde. Und um den Eindruck noch zu verstärken, brauchten sie sich nur gegenseitig anzuschauen in ihren aufgeblähten Raumanzügen und dicken Handschuhen, ganz darauf aus, endlich auszusteigen. Im Schnee spielen, in der Tat!
Die erste EVAEVAExtravehicular Activity ist inzwischen zur Routine geworden. Zunächst aussteigen und sich umschauen. Ist Krater Cone zu sehen? Ja, dort im Osten, beinah direkt unterhalb der Sonne, ragt er auf, mit gut sichtbaren Felsbrocken oben am Rand. Dann die Fernsehkamera aufstellen, deren Linse jetzt mit einer Kappe geschützt werden kann, die große S-Band-Antenne aufbauen und die Flagge in den Boden stecken. Die Notfallprobe wird genommen, die ersten Fotos werden gemacht. Es folgt das Ausladen der zwei Pakete mit den Instrumenten. Auch die Kapsel mit dem Heizelement (FCAFCAFuel Capsule Assembly) lässt sich diesmal ohne Probleme aus seinem Behälter ziehen und in den RTGRTGRadioisotope Thermoelectric Generator einsetzten. Nachdem das alles erledig war, machten sie sich auf den Weg zu der Stelle, wo das ALSEPALSEPApollo Lunar Surface Experiments Package aufgebaut werden sollte, etwas 200 Meter in Richtung Westnordwest.
Zwei Unterschiede zu Apollo 12 kennzeichnen diese erste EVAEVAExtravehicular Activity. Einmal der Handwagen (METMETModular(ized) Equipment Transporter), den die Astronauten hinter sich herzogen. Die Startverschiebung aufgrund des Unfalls bei Apollo 13 hatte die Fertigstellung noch ermöglicht. Der Wagen bot sicher nicht die Mobilität des Fahrzeugs, das für die folgenden Missionen geplant war. Aber es ließen sich doch wesentlich mehr Proben, Behälter und Werkzeuge auf dem METMETModular(ized) Equipment Transporter unterbringen, als die Astronauten in der Hand oder an ihren Tornistern zu tragen vermochten. Zum Zweiten funktionierte die Fernsehkamera. Bevor sie aufbrachen, richtete Shepard sie entsprechend aus, sodass wir zu Hause die Geschehnisse verfolgen konnten. Auf dem Weg zur vorgesehenen Stelle verschwanden sie manchmal aus dem Bild, wenn eine Senke durchquert werden musste, doch während des Aufbaus der Instrumente waren beide fast immer zu sehen.
Für den Weg brauchten sie etwas länger als erwartet, auch weil die hügelige Landschaft für Ed Mitchell anstrengender war. Er trug die ALSEPALSEPApollo Lunar Surface Experiments Package-Pakete und brauchte gelegentlich eine kleine Pause. Trotzdem äußerte er unterwegs, das wellige Gelände wäre generell nicht so schwierig
wie unerwartet
. Trainiert hatten sie in flacherem Terrain und das ständige Rauf und Runter erforderte eine längere Anpassungsphase. An Ort und Stelle angekommen waren es, wie üblich, die steifen Anzüge und Handschuhe, die ihnen das Leben schwer machten. Was Ed Mitchell leicht verdrossen zu der Bemerkung veranlasste, Ist so ein Tag, wo zwei Leute nötig sind, um zu schaffen, was einer sonst in der halben Zeit erledigt.
Doch bis auf einige der Ladungen für das aktive Seismometer, die nicht zündeten, hatten Shepard und Mitchell keine besonderen Probleme. Als sie den Rückweg zum LMLMLunar Module antraten, lagen sie im Zeitplan nur zurück.
Beiden hätte es sicher gut getan, eine Nacht durchzuschlafen. Allerdings waren sie viel zu überreizt, um wirklich Ruhe zu finden. Auch wollten sie auf jeden Fall genug Zeit für die zweite EVAEVAExtravehicular Activity haben und überredeten Houston, die Schlafpause um eine Stunde zu kürzen. Sich über den kommenden Tag Gedanken zu machen, war wohl der Hauptgrund für ihre Schlaflosigkeit. Aber wie bei Apollo 12 war auch diese Mission einfach nicht lang genug, dass es sich gelohnt hätte, die Anzüge auszuziehen. Und nicht unter Druck stehend waren sie äußerst unbequem. Vor allem der Helmverschlussring verhinderte eine angenehme Lage für den Kopf. Außerdem noch das schief stehende Raumschiff. Als Shepard und Mitchell in den Hängematten lagen, machte sich diese Neigung nach und nach immer deutlicher bemerkbar. Sie wussten natürlich, dass die Landefähre sicher stand. Doch bei der geringen Schwerkraft erwachten sie öfter aus dem Halbschlaf mit dem unangenehmen Gefühl, das LMLMLunar Module würde kippen. Der Eine oder Anderen zog dann die Fensterblende zur Seite, nur um sich mit einem Blick aus dem Fenster zu vergewissern, dass alles in Ordnung ist. Am Morgen waren sie es, die Houston eine halbe Stunde vor der ausgemachten Weckzeit riefen. Jeder hätte ungefähr geschlafen. Gewiss eine Übertreibung, aber so lautete ihr Bericht. Die Flugärzte waren überzeugt, keiner von beiden hat überhaupt geschlafen. Wie die Astronauten von Apollo 12 mussten Al Shepard und Ed Mitchell ebenfalls auf ihre mentalen und physischen Reserven zurückgreifen, um die gestellten Aufgaben des zweiten Tages zu bewältigen.
Da sie bewusst in einiger Entfernung zum Fuß des Kraterhangs gelandet sind, war der Weg zu Cone anfangs nicht besonders anstrengend. Das wellige Gelände in der Umgebung des LMLMLunar Module erstreckte sich noch ein gutes Stück weiter nach Osten. Den ersten Stopp machten sie nach etwa 200 Metern – ungefähr die Strecke eines Par-3-Lochs auf dem Golfplatz. Es wurden Gesteins- und Bodenproben genommen, Fotos gemacht und mit einem tragbaren Magnetometer das Magnetfeld des Mondes gemessen. Nach ihrem Aufbruch von Station A gab es weitere kurze Unterbrechungen, sodass sie nach einer Stunde ungefähr 650 Meter zurückgelegt hatten. An diesem Punkt wurde auch klar, dass sie mittlerweile im Bereich der Ejektadecke von Krater Cone unterwegs waren. Zwar hatten sie keine offensichtliche Änderung bei Farbe oder Textur des Oberflächenmaterials wahrnehmen können, doch es ging deutlich bergauf und immer mehr Gesteinsbrocken lagen herum, manche groß genug, um schon als kleine Felsen zu gelten. Ihr Durchschnittstempo war recht gemächlich bis dahin, mehrere kurze Strecken, immer wieder durch kurze Aufenthalte unterbrochen. Aber jetzt begann der anstrengende Teil, und die Zeit wurde etwas knapp.
Dem Vergleich mit waghalsigen Märschen vergangener Zeiten – z. B. als Shackleton zusammen mit Worsley und Crean Südgeorgien durchquerte – kann die Geschichte von Shepards und Mitchells Aufstieg zu Krater Cone sicher nicht standhalten. Befände sich das LMLMLunar Module auf dem Kraterboden und die Sauerstoffreserven gingen zu Neige – schon eine andere Sache. Allerdings hätte sich kein halbwegs vernünftiger Astronaut in solch eine Situation gebracht. Bei der NASANASANational Aeronautics and Space Administration kannte man die Grenzen von Mensch und Maschine sehr genau und vermied es strikt, diese Grenzen ohne triftigen Grund auszudehnen. Shepard und Mitchell waren dort, um Proben des Grundgesteins einsammeln. Gleichzeitig sollten sie bei dieser Gelegenheit testen, ob man auch auf einen Berg steigen konnte. Aus operativer Sicht spielte es keine so große Rolle, ob sie es bis ganz nach oben zum Kraterrand schafften oder nicht. Aber den Ehrgeiz hatten die Beiden sehr wohl. Und solange dort nicht allzu viel Zeit verschwendet wurde, war es durchaus von psychologischer Bedeutung, den Rand des Kraters zu erreichen. Als der Aufstieg begann, hatten sie etwa die halbe Strecke zum Krater geschafft, befanden sich ca. 60 Meter unter dem Rand und lagen im Zeitplan ungefähr zurück. Houston und die Astronauten gingen davon aus, dass die EVAEVAExtravehicular Activity um verlängert wird, doch selbst damit hätten sie nur eine Zeit, um es bis zum Kraterrand zu schaffen. Im flachen Gelände würden sie für 650 Meter nicht mehr als brauchen – ohne den Handwagen sogar weniger. Ihre Fähigkeiten, auf einen Berg zu steigen, waren jedoch weitgehend unbekannt. Daher wollten sie so viel Strecke machen wie möglich und unterwegs nur die kürzesten Stopps eingelegen, um schnell einige Proben zu sammeln und Fotos zu machen. Am Ende hatten sie die volle halbe Stunde aufgebraucht, plus ein paar Minuten darüber hinaus.
Anfangs lagen sie gut in der Zeit. Shepard lief meistens voraus und zog dem Handwagen. Mitchell folgte, wobei er versuchte, anhand einer Karte die Landmarken zu identifizieren. Ed Mitchell tat sich außerdem als Erzähler hervor und versorgte die Leute in Houston mit ausführlichen Beschreibungen der Umgebung, wie Textur und Farbe der Oberfläche. Selbstverständlich übernahm er auch von Zeit zu Zeit die Aufgabe, den Wagen zu ziehen.
Schon bald wurde der Weg steiler – eine Steigung von circa 10 Prozent – und sie fingen an, schwerer zu atmen. Das war auch in Houston nicht zu überhören. Der weiche Untergrund bot weniger Halt und viele faustgroße Gesteinsbrocken lagen herum. Als Ed Mitchell gerade mit dem Wagen dran war, holte Shepard auf, hob den METMETModular(ized) Equipment Transporter hinten an und sie trugen das Gefährt gemeinsam. Der Kommandant befahl den Gleichschritt: Links. Rechts. Links. Rechts.
Der Marsch dauerte keine Minute. Shepards Puls kletterte auf 140 und er brauchte eine Pause. Auch das unflexible Rumpfteil dieser früheren Anzuggeneration machte sich wohl bemerkbar. Am ersten größeren Felsbrocken – ca. dreieinhalb Meter lang, einen breit und einen hoch – hielten Shepard und Mitchell ein paar Minuten an. Sich hinzusetzen war nicht möglich, aber zumindest konnten sie entspannt stehen bleiben und nebenbei eine Panoramabildserie bzw. einige Nahaufnahmen des Felsbrockens fotografieren.
Inzwischen überwanden sie nur noch einen Höhenmeter auf 5 Meter Strecke und schafften es kaum, länger als zu laufen, bis wieder eine Pause nötig wurde. Verschnaufen und ein Stück weitergehen. Jetzt war es an Houston, den nächsten Halt anzuordnen.
Okay, Al und Ed.
, meldete sich CAPCOMCAPCOMSpacecraft (Capsule) Communicator Fred Haise, Ihr sollt jetzt noch einmal Pause machen.
Mitchell hatte nichts dagegen. Okay. Wir laufen hier einen ziemlich steilen Hang rauf.
Es hört sich auch ganz danach an.
, antwortete Haise.
Shepard fasste zusammen. Sie waren seit draußen und hatten vielleicht noch weitere bis , bevor sie Station machen, Proben des Grundgesteins nehmen und den Rückmarsch zum LMLMLunar Module antreten mussten. Obwohl sich beide sehr unsicher waren, wenn es um das Schätzen von Entfernungen ging, veranschlagte Shepard bei gegenwärtigem Tempo noch mindestens eine bis zum Kraterrand. Seiner Meinung nach war es Zeit, einige passende Gesteinsbrocken auszuwählen – nicht viel weiter oben lagen welche – und mit dem Sammeln von Proben zu beginnen.
Sie besprachen es eine Weile untereinander – wobei Mitchell unbedingt weitergehen wollte – dann wurden sie von Fred Haise unterbrochen: Okay, Al und Ed. Aufgrund eurer Beurteilung, was eure Position ist und wie lange ihr noch bis Cone brauchen würdet, kommt vom Nebenraum die folgende Bitte. Sie möchten, dass ihr die Stelle, wo ihr gerade seid, als den Rand von Krater Cone betrachtet.
Ed Mitchell wollte noch nicht einlenken, Spielverderber!
Haise ruderte etwas zurück, Okay. Die Entscheidung beruht wohl hauptsächlich auf der Schätzung von Al, dass ihr noch weitere braucht. Natürlich sehen wir hier nichts. Daher müsst letztendlich ihr das beurteilen.
Der schnelle Rückzieher in Houston ermutigte Mitchell. Also, drei Viertel haben wir schon geschafft.
sagte er zu Haise und weiter zu Shepard, Warum verlieren wir nicht unsere Wette, Al, lassen den METMETModular(ized) Equipment Transporter stehen und laufen da hoch. Ohne den Wagen wären wir viel schneller.
Die Ersatzmannschaft war überzeugt, dass Shepard und Mitchell den Wagen stehen lassen müssten, bevor sie den Kraterrand erreichten. Aber Shepard wollte davon nichts hören. Ein Abstecher zum Rand nur um dort gewesen zu sein, schien ihm nicht angebracht. Zudem waren sie ziemlich geschafft. Ich meine, Ed, was wir in dem Gesteinsfeld hier sehen, ist Auswurfmaterial von Krater Cone.
Einen Pfeil hatte Mitchell noch im Köcher, Aber nicht vom tiefsten Grund, was uns eigentlich interessiert.
Je näher sie dem Rand kamen, umso eher würden sie Probenmaterial finden, das beim Einschlag aus den untersten Gesteinsschichten herausgeschlagen wurde. Darauf wollte er hinweisen. Sicher wären die Geologen auch mit weniger optimalen Proben äußerst zufrieden gewesen. Darum ging es jedoch nicht. Sie würden den Aufstieg im Interesse der Wissenschaft fortsetzen und nicht aus purem Ehrgeiz.
Auf dieses Argument ging Shepard ein. Okay. Ein kleines Stück laufen wir noch weiter, Houston. Und ihr achtet auf die Zeit.
Ein paar Minuten später teilte Fred Haise mit, dass Deke Slayton, ehemaliger Mercury-Astronaut und jetzt Chef der Astronautenabteilung, angeboten hat, den Wetteinsatz zu übernehmen, wenn sie den METMETModular(ized) Equipment Transporter stehen lassen.
Aber Mitchell wiegelte gleich ab. Der METMETModular(ized) Equipment Transporter ist keine so große Behinderung.
meinte er, Wir brauchen die Werkzeuge.
Und Shepard stimmte zu, Nein, der METMETModular(ized) Equipment Transporter bremst uns nicht. Es ist nur eine Frage der Zeit. Wir schaffen es.
Kurz darauf standen sie auf einer Erhebung und Shepard meinte, der höchste Punkt wäre erreicht. Hier wird es langsam flacher und wahrscheinlich sind wir gleich am Kraterrand.
Doch sicher konnten sie nicht sein. Tatsächlich war Mitchell einigermaßen überzeugt, sie befänden sich südlich davon und müssten weiter nach Norden, wollte jedoch nicht darauf beharren. Es war einfach nicht möglich, den Standort exakt zu bestimmen – nicht innerhalb eines Radius von einigen zehn Metern. Jeder Hügel oder Kamm vor ihnen – oder auch seitlich – konnte den Krater verdecken. Sie mussten auf jeden Fall in der Nähe sein, vielleicht hundert Meter oder weniger, doch hier war nun wirklich Schluss mit der Suche.
Haise gab die Entscheidung des Flugleiters weiter, Ed und Al, wir haben inzwischen die der Verlängerung aufgebraucht und noch etwas mehr. Es wird Zeit, Proben zu nehmen und mit der EVAEVAExtravehicular Activity weiterzumachen.
Wie sich herausstellte, war der südlichste Punkt des Kraterrands schon passiert und nur um knapp 100 Meter verfehlt worden. Eine Rolle spielt auch, dass der nördliche Rand von Krater Cone etliche Meter tiefer liegt als der südliche. Sie hätten buchstäblich an der Kante stehen müssen, um den Krater sehen zu können. In der nächsten halben Stunde, beim Sammeln der Proben, näherten sich Shepard und Mitchell dem Rand sogar bis auf 30 Meter, ohne ihn wahrzunehmen.
Wie die zwei vorangegangenen Besatzungen, die bisher auf dem Mond gelandet sind, hatten sich Shepard und Mitchell im Training hauptsächlich mit dem Flug an sich und grundlegenden EVAEVAExtravehicular Activity-Techniken befasst. Man könnte in der Tat behaupten, dass die geologische Ausbildung der Besatzung von Apollo 14 etwas zu kurz gekommen ist. Jedoch sind beide über die Jahre immer wieder mit Geologie in Berührung gekommen und hatten gelernt, worauf man achten musste. So konnten die gestellten Aufgaben doch gewissenhaft erledigt werden. Sie trugen eine repräsentative Auswahl an Proben zusammen, hielten dabei Ausschau nach allem, was ungewöhnlich war und dokumentierten die Funde mit den obligatorischen Fotos. Nach 30 Minuten waren sie fertig und begannen den Abstieg.
Bevor es losging, hielten Shepard und Mitchell einen Moment inne, um sich noch einmal zurechtzufinden und den Ausblick zu bewundern. Zwar hatten sie die Sonne im Rücken, standen aber hoch genug, dass die Schatten in den größeren Kratern zu sehen waren und die Landschaft etwas Kontur bekam. Landmarken, die schon beim Anflug der Orientierung gedient hatten, waren in der Nähe des LMLMLunar Module klar auszumachen. Ebenso etwas weiter hinten das ALSEPALSEPApollo Lunar Surface Experiments Package, funkelnd wie ein kleiner Edelstein
. Den ganzen Tag hatten sie große Schwierigkeiten beim Einschätzen der Distanzen. Es waren keine vertrauten Objekte zum Vergleich vorhanden, keine Farbunterschiede, um die Strecke zu unterteilen. Auch der fehlende Dunst machte es fast unmöglich, kleinere aber näher liegende Krater von größeren in einiger Entfernung zu unterscheiden. Mit etwas mehr Erfahrung hätten sie das Fehlen von Gesteinsbrocken am Rand als Anhaltspunkt für den Kraterdurchmesser verwenden und so auf die Entfernung schließen können. Doch ihr ungeübtes Auge musste sich in dieser Situation mit dem LMLMLunar Module zufriedengeben. Es stand ungefähr anderthalb Kilometer entfernt und danach sah es auch aus.
Der Rückmarsch ging schneller und verlief ohne besondere Vorkommnisse. Bergab schafften sie in einer Minute, was bergauf noch zwei gedauert hatte. Allerdings war es nun umso wichtiger, darauf zu achten, wo man hintrat. Während des Abstiegs verschwanden die Schatten nach und nach, und als beide die tiefer liegende Ebene wieder erreicht hatten, tauchten kleinere Krater praktisch aus dem Nichts vor ihren Füßen auf. Bei normalem Tempo konnte jedoch problemlos eine Route gefunden werden. Einige hundert Meter vom LMLMLunar Module entfernt machten Shepard und Mitchell ihren letzten längeren Halt für die Wissenschaft, bevor sie mit dem Abschluss der EVAEVAExtravehicular Activity beginnen mussten.
Die Auswirkungen der schlaflosen Nacht verbunden mit dem letztendlich frustrierenden Aufstieg wurden jetzt immer deutlicher. Eine gewisse Reizbarkeit war zu bemerken und gegen Ende der Wanderung hörte man in Houston auch das eine Verdammt
oder andere zur Hölle
. Die Strapazen machten sich bemerkbar. Normalerweise vermieden es die Astronauten, zu schimpfen. Vor allem bei Mikrofonen. Bewusst oder unbewusst wählten sie in der Regel angemessenere Ausdrucksweisen und lediglich in besonders angespannten Situationen gab es vereinzelt Abweichungen vom ungeschriebenen Gesetz, nicht in ein Live-Mikrofon zu fluchen. Shepard und Mitchell waren erschöpft. Sie fühlten sich gehetzt und hatten in wenig Sorge, nicht alles zu schaffen. Vielleicht befürchtete Shepard, dass keine Zeit mehr ist für die kleine Überraschung, die er noch in petto hatte. In jedem Fall ärgerten sich beide sehr darüber, den Rand von Krater Cone nicht gefunden zu haben. Auf dem Weg zum LMLMLunar Module gab dann auch Shepard ein aus dem tiefsten Inneren kommendes Scheißding
von sich und im Nachhinein scheint es fast, als ob er sich und Mitchell erlaubte, etwas nachzulassen.
Wieder in der Kabine waren zunächst Ausrüstung sowie knapp 43 Kilogramm Gesteins- und Bodenproben an den vorgesehenen Stellen zu verstauen. Danach beantworteten sie den Geologen einige Fragen und unterhielten sich mit Fred Haise über das Erlebte. Shepard begann mit Worten des Dankes, konnte jedoch seine nach wie vor empfundene Enttäuschung nicht ganz verhehlen. Ihr habt alles hervorragend zurechtgelegt für uns, als wir im Zeitplan zurückgefallen sind. Vielen Dank für die Unterstützung.
sagte er.
Worauf Haise sofort einging und versicherte: Wir danken euch noch einmal für die erstklassige Arbeit, Al und Ed. Ich denke, wir haben dort alles bekommen, was wir wollten.
Mensch, das kann ich nur hoffen,
erwiderte Mitchell. Es war … (Er suchte nach dem richtigen Wort.) … Es war hier durchaus mehr als hektisch für uns.
Nun
, versuchte Haise weiter zu beruhigen, das hatten wir ja vorausgesehen.
Es gab so vieles, das wir gern noch geschafft hätten,
sagte Mitchell weiter, so viel zu tun, so viele interessante Dinge zu untersuchen, und wir haben kaum die Oberfläche angekratzt. Aus dem, was wir mitbringen, könnt ihr hoffentlich mit der Zeit einige Erkenntnisse gewinnen.
Haise antwortete mit einem Vergleich: Ist schon was anderes als der Sandhaufen hinter dem Trainingsgebäude, nicht?
Oh, Mann!
pflichtete Shepard ihm bei.
Und Mitchell: Das kannst Du laut sagen.
Shepard fuhr fort: Auf jeden Fall. Es ist einfach fantastisch hier oben.
Die Apollo‑Missionen war so kurz – insbesondere die ersten drei – dass den Astronauten gerade mal Zeit blieb, eine sinnvolle Auswahl an Gesteins- und Bodenproben zusammenzutragen, welche ein möglichst breites Spektrum des vorhandenen Materials darstellte. Dabei stand die Besatzung von Apollo 14 noch unter besonderem Druck. Während des Aufstiegs am Kraterhang konnten sie nicht viel mehr tun, als zwischendurch ein paar Proben aufzusammeln. Wie auch immer, Shepard und Mitchell demonstrierten, dass man bei mäßig anspruchsvollem Gelände auch längere Strecken zu Fuß bewältigen kann. Vielleicht wäre es leichter gewesen, wenn sie den Hang weniger direkt in Angriff genommen und den Weg serpentinenartiger gestaltet hätten. Dennoch haben beide erfolgreich den Kraterhang erklommen. Das kommende Mondfahrzeug wird eine wesentlich höhere Effizienz bei der geologischen Erforschung möglich machen. Und nun war klar, wenn man die Strecke mit Bedacht wählt, darauf achtet, steile Anstiege weitgehend zu vermeiden, könnten die Astronauten der folgenden Missionen auch zum LMLMLunar Module zurücklaufen, falls das Fahrzeug ausfällt.
Apollo 14 spielte eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung auf die anspruchsvollen letzten drei Missionen, denen das Fahrzeug zur Verfügung stand. Die gemachten Erfahrungen und gewonnenen Erkenntnisse stärkten das Vertrauen in Technik und Verfahrensweisen erheblich. Auch Rekorde waren zu verzeichnen. Al Shepard hatte ein originales Eisen 6 und Golfbälle mitgebracht, um einen Abschlag zu versuchen. Im steifen Anzug konnte er den Schläger nur einhändig greifen, wodurch sein Schwung etwas zu wünschen übrig ließ. So traf er mit den ersten beiden Schlägen nur Dreck, aber beim Dritten den Ball und der flog Meile um Meile um Meile.
In Wahrheit wohl nicht ganz so weit, dennoch war es der erste Golfschlag auf dem Mond.